Wieviel Workshop-Etikette?

Was Kollegen so alles fragen

Neulich wollte mein Kollege Philipp von mir wissen: Sag mal Katharina, darf man bei dir im Workshop eigentlich die Schuhe ausziehen und in Socken sitzen? Ich war zunächst amüsiert und überrascht von dieser Frage, doch so banal ist das dahinter stehende Thema ja gar nicht. Die Frage hat mich zum Nachdenken gebracht: Wie gehe ich eigentlich mit Regeln und Etikette um und aus welchen guten Gründen tue ich das so, wie ich es tue? Meine Überlegungen fasse ich hier kurz zusammen und freue mich auf Dein Feedback und Deine Sichtweise dazu.

Ich weiß, dass viele meiner Kolleginnen und Kollegen am Anfang eines Workshops zunächst einmal so etwas wie Spielregeln oder eben Etikette-Regeln vereinbaren und diese gut sichtbar visualisieren. „Wie wollen wir heute miteinander umgehen?“ ist dann meist die Überschrift.  Ich verzichte auf eine generelle einführende Klärung dieser Art. Erwachsene Menschen sind sich im Grundsatz ja in der Regel einig, wie sie miteinander umgehen sollten.  Nur ist das eben manchmal gar nicht so einfach und genau aus diesem Grunde lädt man sich ja eine Moderatorin ein….

Für mich ist ein Workshop ein Beteiligungsformat, bei dem es darum geht, den Anwesenden möglichst viel Raum zu geben für kreatives Miteinander, für Diskussion, für gemeinsames Denken und Aushandeln von Vereinbarungen. Als Moderatorin ist es meine Aufgabe, diesen Raum zu schaffen und zu halten. Das kann im Einzelfall sehr Unterschiedliches bedeuten.

Wann ich Workshop-Regeln aushandle

Kommen die Teilnehmenden zum Beispiel bereits mit klingenden Handys und blinkenden Laptops in den Termin, biete ich auf jeden Fall an, Vereinbarungen zum Umgang mit Störungen zu treffen. Oft gibt auch schon das Vorgespräch Aufschluss darüber, welche Vereinbarungen zu Beginn getroffen werden sollten. Wenn wir am Anfang bereits wissen, wer wann einen dringenden Auswärts-Termin einfügen muss oder noch einen wichtigen Anruf erwartet, können wir darauf eingehen und vielleicht sogar Pausen entsprechend legen. Meine Aufgabe sehe ich hier darin, potenziellen Störungen und Hindernissen vorzubeugen. Das gelingt mal besser und mal schlechter und dann gilt das gute alte Prinzip: Störung (der Gruppensituation) hat Vorrang. Wenn die Arbeitsatmosphäre leidet, gilt es, die inhaltliche Arbeit zu unterbrechen und das Arbeitssetting wieder herzustellen.

Die Balance zwischen Etikette und Kreativität

Doch andererseits sollen Regeln, Vereinbarungen und Etikette eben auch nicht das gemeinsame Arbeiten reglementieren und einschränken. Kreativität braucht eine Atmosphäre, in der der Kopf sich frei entfalten kann. Zu viel Etikette, zu viele Normen und Regeln stehen dem aus meiner Sicht entgegen. Wer einen knurrenden Magen hat oder auf einem unbequemen Stuhl nicht mehr sitzen mag, sollte sich in eine angenehmere Lebenslage bringen dürfen. So habe ich nichts dagegen, wenn noch ein paar letzte Happen aus der Pause mit in den Workshop-Raum gebracht werden. Und es stört mich eben auch nicht, wenn Menschen in Socken und auf der Erde sitzend arbeiten oder sich ein bisschen bewegen. Grenzen sind gesetzt durch das Beeinträchtigen von anderen im Raum.  Wenn Nebengespräche die Hauptdiskussion stören, wenn Einzelne zu viel Raum einnehmen, wenn ein irritiertes Schweigen entsteht oder die Gruppe immer wieder den Fokus aus dem Blick verliert –  dann bin ich gefragt, diese atmosphärische Störung anzusprechen und den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, ein (neues)  tragfähiges Arbeitsbündnis zu treffen. Allerdings verstehe ich mich dabei nicht disziplinierend, strafend, aufpassend. Am Ende ist es in der Verantwortung der Gruppe, die gemeinsame Zeit gut zu nutzen.

 

Störung oder meine Befindlichkeit?

Deshalb glaube ich auch, dass es nicht so sehr darum geht, was mich als Workshop-Leitung stört oder beeinträchtigt. Bis zu einem gewissen Grade ist „Leidensfähigkeit“ Bestandteil meiner Dienstleistung. Ich habe mich auf die jeweilige Kultur einzustellen, was manchmal leichter und ab und auch herausfordernder ist.  Wenn ich allerdings den Eindruck habe, die Verbindung zu verlieren, weil die Gruppe mir zu schnell, zu schweigsam, zu unkonkret, zu ausweichend oder was auch immer erscheint, dann thematisiere ich diese Beobachtung. Meist hilft mir dann eine kleine „Gebrauchsanleitung“ durch die Gruppe, mit der Situation wieder gut umzugehen.

Und schließlich noch ein Gedanke: ich bin überzeugt, dass sich meine einladende Haltung, die wohlwollende Angebote und mein aufmerksames Eingehen auf alle und jeden auf die Atmosphäre im Raum auswirkt und Grundvoraussetzung für einen guten Umgang miteinander ist. Da braucht es oft gar nicht so viele Worte, es gilt einfach es zu tun.

Wie siehst Du das? Welche Erfahrungen hast Du mit Regeln und Etikette im Workshop gemacht?

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